von Rüdiger Landto
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2025-03-29 Resilienz Kommunal

Resiliente Kommunen: Krisenfest und zukunftsorientiert handeln

Krisen sind längst keine Ausnahme mehr, sondern eine Realität, mit der Kommunen umgehen müssen. Ob Hochwasser, Extremwetter, wirtschaftliche Unsicherheiten oder schleichende ökologische Veränderungen – Städte und Gemeinden stehen vor der Herausforderung, ihre Widerstandsfähigkeit gezielt zu stärken. Dabei stehen Kommunen vor der doppelten Herausforderung, auf Kriesen vorbereitet zu sein und gleichzeitig die ambitionierten Klimaschutz- und Nachhaltigkeitsziele umzusetzen.

Resilienz bedeutet in diesem Zusammenhang daher mehr als nur Krisenbewältigung. Sie ist die Fähigkeit einer Kommune, sich an externe Einflüsse anzupassen, Risiken zu minimieren und durch vorausschauende Planung die eigene Handlungsfähigkeit langfristig zu sichern. Dabei geht es nicht nur um Schutzmaßnahmen, sondern auch um eine strategische, nachhaltige Weiterentwicklung kommunaler Strukturen.

Das Bundeskabinett hat am 6. November 2024 den Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Resilienz kritischer Anlagen, das KRITIS-Dachgesetz, auf den Weg gebracht. Durch das Gesetz soll die entsprechende EU-Richtlinie umgesetzt werden. Das KRITIS-Dachgesetz verpflichtet Betreiber kritischer Infrastrukturen, auch Kommunen, zu höherer Resilienz. Kommunen müssen Risiken analysieren, Schutzmaßnahmen umsetzen und Störungen melden. Sie tragen Verantwortung für Daseinsvorsorge, etwa Wasser, Abwasser oder IT. Ziel ist es, die öffentliche Sicherheit und Versorgung im Krisenfall zuverlässig zu gewährleisten.

👉 Zum Gesetzesentwurf der Bundesregierung.

Resilienz als kommunale Pflicht und Gestaltungsaufgabe

Resilienz lässt sich als Gegenbegriff zur Vulnerabilität verstehen. Während Vulnerabilität die Anfälligkeit eines Systems beschreibt, zielt Resilienz darauf ab, Widerstandskraft aufzubauen und Anpassungsfähigkeit zu fördern. Kommunen, die über resiliente Strukturen verfügen, können Krisen schneller bewältigen und sind besser auf zukünftige Herausforderungen vorbereitet.
Dabei gibt es zwei wesentliche Dimensionen von Resilienz:

Einfache Resilienz: Krisen bewältigen und Widerstandskraft stärken

Einfache Resilienz beschreibt die Fähigkeit, unerwartete Krisen schnell zu überstehen und die gewohnte Funktionsweise einer Kommune rasch wiederherzustellen. Dabei stehen reaktive Maßnahmen und Schutzmechanismen im Vordergrund.

Kurzfristige Anpassungsfähigkeit

Kurzfristige Anpassungsfähigkeit: Kommunale Infrastrukturen und Verwaltungsprozesse müssen so gestaltet sein, dass sie nach einer Krise schnell wieder funktionieren. Dies betrifft z. B. den Katastrophenschutz, die Sicherstellung der Grundversorgung und den Wiederaufbau nach Naturkatastrophen.
Beispiel: Eine gut organisierte Hochwasserabwehr minimiert Schäden und ermöglicht eine zügige Rückkehr zur Normalität.

Robustheit und Widerstandsfähigkeit

Robustheit und Widerstandsfähigkeit: Kommunale Strukturen sollten so gestaltet sein, dass sie Krisen besser abfedern können. Dazu gehören Vielfalt und Redundanz in kritischen Bereichen wie Energieversorgung, Verkehr oder IT-Infrastruktur.
Beispiel: Die Sicherstellung redundanter Stromquellen durch Photovoltaik und Batteriespeicher schützt vor großflächigen Stromausfällen.

In dieser ersten Stufe von Resilienz geht es vor allem um die Stabilisierung und Absicherung bestehender Systeme, um akute Krisensituationen zu meistern.

Reflexive Resilienz: Vorausschauende Planung und systemische Transformation

Während einfache Resilienz darauf abzielt, den Status quo zu bewahren, geht reflexive Resilienz einen Schritt weiter: Sie setzt auf strategische Anpassung und langfristige Transformation, um die Widerstandskraft von Kommunen nachhaltig zu erhöhen.

Strategische Anpassungsfähigkeit

Strategische Anpassungsfähigkeit: Kommunen müssen in der Lage sein, sich aktiv auf künftige Krisen vorzubereiten. Dies erfordert eine langfristige Planung, die sich an zukünftigen Herausforderungen orientiert.
Beispiel: Klimaanpassungsstrategien, die Hitzeschutzmaßnahmen, wassersensible Stadtentwicklung und nachhaltige Mobilitätskonzepte kombinieren.

Systemische Transformationsfähigkeit

Systemische Transformationsfähigkeit: Langfristig müssen Kommunen über reine Anpassung hinausdenken und ihre Strukturen proaktiv verändern, um Risiken zu reduzieren. Das bedeutet, dass nicht-nachhaltige, krisenanfällige oder veraltete Praktiken, Technologien oder Strukturen gezielt aufgegeben werden, um Raum für resiliente, zukunftsfähige Alternativen zu schaffen.
Echte Transformation nur gelingt, wenn man nicht nur Neues einführt (Innovation), sondern Altes aktiv abbaut (Exnovation).
Beispiel: Der Umbau des Energieversorgungssystems weg von fossilen Energieträgern hin zu dezentralen erneuerbaren Energiequellen stärkt sowohl Klimaschutz als auch Versorgungssicherheit.

Diese zweite Stufe von Resilienz erfordert eine strategische Herangehensweise, die langfristige Veränderungen ermöglicht und die Weichen für eine nachhaltige und widerstandsfähige Zukunft stellt.

Transformationsfähigkeit

Vier zentrale Prinzipien resilienter Kommunen

Diese Prinzipien sind wichtig, damit Kommunen besser mit Krisen umgehen und proaktiv die Anpassung an zukünftige Herausforderungen gestalten können. Um die Resilienz von Kommunen langfristig zu stärken, sollten diese Prinzipien in allen kommunalen Strategien berücksichtigt werde.

➡️ Feedback-Loops – Effiziente Informationsverarbeitung und schnelle Reaktionsfähigkeit Frühzeitige Erkennung und gezielte Steuerung sind entscheidend für die Krisenbewältigung. Digitale Informationssysteme ermöglichen es, relevante Daten in Echtzeit zu erfassen und in Entscheidungsprozesse zu integrieren. Beispiel: Sensorgestützte Überwachung der Wasserinfrastruktur kann Trinkwasserrisiken frühzeitig erkennen, sodass präventive Maßnahmen rechtzeitig eingeleitet werden können.

➡️ Modularität – Strukturen krisensicher und flexibel gestalten Kommunale Infrastrukturen sollten so aufgebaut sein, dass einzelne Komponenten unabhängig voneinander funktionieren können. Dadurch lassen sich Störungen gezielt isolieren, ohne das gesamte System zu gefährden. Beispiel: Eigenständige Energie- und Kommunikationsnetze sorgen dafür, dass Notfallkommunikation und Strom- und Wasserversorgung auch im Krisenfall aufrechterhalten bleiben.

➡️ Diversität – Vielseitige Lösungswege für eine höhere Widerstandsfähigkeit Monostrukturen sind anfällig für Krisen. Kommunen sollten daher auf eine breite Mischung an Energiequellen, Wirtschaftszweigen und Mobilitätskonzepten setzen. Beispiel: Eine dezentral organisierte Energieversorgung mit Photovoltaik, Windkraft und Batteriespeichern stärkt die Unabhängigkeit von fossilen Energieträgern und reduziert das Risiko von Versorgungsengpässen.

➡️ Redundanz – Kritische Infrastrukturen mehrfach absichern Wichtige Versorgungsstrukturen sollten durch alternative Systeme ergänzt werden, um im Krisenfall eine zuverlässige Grundversorgung sicherzustellen. Beispiel: Notstromaggregate in kommunalen Einrichtungen, Retentionsflächen für Starkregenereignisse oder redundante IT- und Kommunikationssysteme verbessern die Krisenresistenz.

Resilienzprinzipien

Handlungsempfehlungen für kommunale Entscheidungsträger

Resilienzfördernde Maßnahmen sollten systematisch in die kommunale Strategie- und Investitionsplanung integriert werden. Zentrale Handlungsempfehlungen:

Resilienz als zentrales Querschnittsthema in allen kommunalen Planungen und Entscheidungsprozessen verankern.
Bestehende Strategien und Konzepte um resilienzfördernde Maßnahmen ergänzen.
Interdisziplinäre Zusammenarbeit und Vernetzung fördern, um Synergieeffekte zu nutzen.
Digitale Technologien gezielt einsetzen, um Krisenfrüherkennung und Entscheidungsprozesse zu optimieren. (insbesondere in den Bereichen Energie, Mobilität und Digitalisierung.)
Investitionen in resilienzsteigernde Infrastrukturen vorantreiben, um langfristige Sicherheit und Stabilität zu gewährleisten.
Resilienz als Fähigkeit nutzen, um den notwendigen Wandel in Richtung Nachhaltigkeit herbeizuführen

Energieversorgung als wichtiger Schlüssel zur kommunalen Resilienz

Eine stabile und nachhaltige Energieversorgung ist essenziell für eine resiliente Kommune. Mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) strebt Deutschland einen Anteil von mindestens 80 % erneuerbarer Energien am Stromverbrauch bis 2030 an. Kommunen spielen hierbei eine Schlüsselrolle und können durch gezielte Maßnahmen ihre Energieunabhängigkeit und Versorgungssicherheit stärken.

Mögliche Maßnahmen:

➡️ Aufbau Erneuerbarer-Energien-Gemeinschaften zur Nutzung lokaler Energiequellen.
➡️ Investition in Photovoltaik, Windkraft und Speichertechnologien zur Sicherstellung der Stromversorgung.
➡️ Blackout-Vorsorgekonzepte für kommunale Gebäude und kritische Infrastrukturen entwickeln.

Fazit: Resilienz als Zukunftsstrategie für Kommunen

Resiliente Kommunen sind besser auf zukünftige Herausforderungen vorbereitet. Die Stärkung der Widerstandsfähigkeit muss dabei als integraler Bestandteil der kommunalen Planung verstanden werden. Investitionen in nachhaltige Energieversorgung, digitale Infrastruktur und modulare Systeme sind entscheidend, um Städte und Gemeinden zukunftssicher aufzustellen. Kommunale Entscheidungsträger sind gefordert, resiliente Strukturen zu schaffen – für eine nachhaltige, sichere und wirtschaftlich stabile Zukunft.

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